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GESCHEHEN

06.12.2022

GESCHEHEN

Absicherung der Erbfolge in Polen - Nachlasspflegschaft - ausgewählte Informationen

Es ist möglich, den Schutz des Nachlassvermögens zu beantragen, bevor die Erben das Vermögen übernehmen.

Der Zweck der Nachlasspflegschaft

Zweck der Nachlasspflegschaft ist der Schutz der Erbschaft, d.h. der Zeitraum des „Interregnums” zwischen dem Tod des Erblassers und der Freigabe des geerbten Vermögens an seine Erben, um das geerbte Vermögen in seiner Gesamtheit zu erhalten und Willkür einiger Erben zu verhindern.

Daher wird die Nachlasspflegschaft im polnischen Recht als „Verwaltung eines nicht übernommenen Nachlasses” bezeichnet.

So ist die Nachlasspflegschaft in Polen eine der Möglichkeiten, die Erbschaft als Eigentum zu sichern, und kann von einem polnischen Gericht entweder auf Antrag der betroffenen Partei oder von einem Gericht, das von Amts wegen handelt, eingerichtet werden.

Vorschriften

Es muss gleich zu Beginn gesagt werden, dass die Regelung der Nachlasspflegschaft sehr kompliziert ist. Für Nachlasspfleger gelten die folgenden Bestimmungen:

  • Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch:

o die Bestimmungen zur Pflegschaft – Titel III Teil III des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches.

o die Bestimmungen über die Vormundschaft – Titel III Teil II des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches, jedoch nur in geeigneter Weise (gemäß Artikel 178 § 2 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches, wenn die Bestimmungen über die betreffende Nachlasspflegschaft, d. h. Teil III des Familien- und Vormundschaftsgesetz-buches und die folgenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung, nichts anderes vorsehen),

o die Bestimmungen über die elterliche Sorge (durch Verweis auf Artikel 155 § 2 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches, aber nur die Bestimmungen über die Nachlasspflegschaft, die angewendet werden können, und wenn die oben genannten Bestimmungen nichts anderes vorsehen),

  • Zivilprozessordnung:

o die Vorschriften über die Verwaltung des nicht übernommenen Nachlasses – Artikel 666-668 [1] der Zivilprozessordnung (die im Übrigen, was die Verwaltung des Nachlasses betrifft, einen Verweis auf die Verwaltung des Nachlasses bei der Vollstreckung von Geldleistungen enthalten),

o die Bestimmungen über die Verwaltung der Immobilie bei der Vollstreckung von Geldleistungen – Artikel 933-941 der Zivilprozessordnung.

Dies sind nur die grundlegenden Regelungen. In ausführlichen Angelegenheiten (z. B. im Zusammenhang mit Immobilien) hat der Nachlasspfleger mit vielen weiteren Vorschriften zu tun.

Wer ist ein Nachlasspfleger

Wer Nachlasspfleger wird, hängt von der Entscheidung des Gerichts ab, denn ohne dessen Entscheidung gibt es keine Nachlasspflegschaft. Das Gesetz sieht vor, dass eine Person, die nicht mit der Familie des Verstorbenen verwandt ist, zum Nachlassverwalter ernannt werden kann. Bei einem Antrag auf Bestellung eines Nachlasspflegers ist es immer möglich, dem Gericht die Auswahl einer geeigneten Person nahezulegen und sich dabei auf die Bestimmung von Artikel 149 § 1 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches zu stützen.

Bevor der Nachlasspfleger die Nachlasspflegschaft annimmt, ist nicht bekannt, ob viele Arbeitsstunden und enorme Anstrengungen erforderlich sein werden oder ob die Nachlassverwaltung so ausgeübt wird, als ob es sie gar nicht gäbe. Sie hängt vor allem von der Zusammenarbeit der Erben mit dem Nachlasspfleger und der Zusammenarbeit der Erben untereinander ab, aber auch von der Anzahl der problematischen Fragen, wie z. B. dem ungeregelten Eigentum an bestimmten Nachlassgegenständen.

Für die Übernahme einer Nachlasspflegschaft ist die ausdrückliche Zustimmung der die Pflegschaft zu übernehmenden Person nicht erforderlich (Artikel 152 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches), doch holen die Gerichte oder juristische Selbstverwaltungsorgane in der Regel die Zustimmung des Kandidaten für den Nachlasspfleger ein, bevor sie einen bestellen. Das Gericht stellt ihm eine entsprechende Bescheinigung aus, sobald die Nachlasspflegschaft eingerichtet ist.

Manchmal haben die Gerichte ihre eigenen Kandidatenlisten für Nachlasspfleger und bitten die Selbstverwaltungsorgane der Rechtsanwälte und Rechtsberater nicht, eine geeignete Person zu benennen. Häufig fungieren Gerichtsassistenten oder Referendare als Nachlasspfleger. In schwierigeren Fällen sind es in der Regel Anwälte oder Rechtsberater,    in leichteren Fällen eher Gerichtsangestellte.

Manchmal überraschen die Gerichte und bitten um Zustimmung, als Nachlasspfleger tätig zu werden, da eine fehlende Antwort als Zustimmung gewertet wird. Deswegen sollte der Bewerber immer auf das Schreiben des Gerichts reagieren.

In wessen Namen handelt der Nachlasspfleger

Bei der Nachlasspflegschaft handelt es sich um einen Fall der gesetzlichen Vertretung. Und es ist eine Vertretung aller Erben – der Nachlasspfleger tritt tatsächlich für sie auf, obwohl die Intuition nahelegt, dass es bei der Nachlasspflegschaft um die Repräsentation des Nachlasses, d. h. der Immobilie, geht. Es geht jedoch immer um die Vertretung der Erblasser. Diese  Konstruktion entspricht der traditionellen Nomenklatur: der Nachlasspfleger handelt als Vertreter der konkreten Person(en), die die Erben sind.

Der Nachlass – d. h. das vom Verstorbenen hinterlassene Vermögen – hat nach polnischem Recht nämlich keine Rechtspersönlichkeit und kann daher keinen Vertreter haben. Deshalb handelt der Nachlasspfleger im Namen der Erben. Auch wenn eine Gesellschaft Teil des Nachlasses ist. Tatsächlich aber sind Gegenstand der Erbschaft die Rechte aus den Anteilen oder Aktien, und nicht unmittelbar das Vermögen der Gesellschaft.

Es ist daher zu beachten, dass der Nachlasspfleger der gesetzliche Vertreter ist und dass in Erbschaftsangelegenheiten bei der Einreichung von Schreiben (z. B. an das Gericht) die Angaben zum Nachlasspfleger und die Angaben zu den Personen gemacht werden müssen, die nach Ansicht des Nachlasspflegers oder nach den einschlägigen Rechtsakten (Erbschein, Europäisches Nachlasszeugnis, Erbschaftserklärung oder Personenstandsurkunde und Nachlasszusicherung) die Erben sind.

Aufgaben der Nachlasspflegschaft und des Nachlasspflegers

Bei der Nachlasspflegschaft geht es vor allem darum, das im Nachlass verbliebene Vermögen vor Wertverlust zu bewahren und mögliche Vorteile für die Erben zu erzielen.

Mit anderen Worten: es geht darum, das gesamte geerbte Vermögen durch den persönlichen und materiellen Einsatz des Nachlasspflegers zu erhalten und Mittel zu beschaffen, die den Wert des Erbes erhöhen, z. B. durch die Durchsetzung von Ansprüchen, auch vor Gericht.

Die Mindestpflichten des Nachlasspflegers sind in der Zivilprozessordnung (Artikel 667 § 1 der Zivilprozessordnung) festgelegt: der Nachlasspfleger soll sich um die Klärung der Erbenstellung bemühen, die Erben von der Eröffnung des Nachlasses benachrichtigen und das Nachlassgericht über das Ergebnis der Bemühungen und die Benachrichtigung der Erben informieren.

Die Finanzierung des Nachlassschutzes sollte grundsätzlich aus dem Vermögen des Nachlasses erfolgen. Die Art und Weise, wie der Schutz des Nachlasses aus dem Erlös des Nachlasses zu finanzieren ist, ist ebenfalls in der Zivilprozessordnung geregelt (Artikel 940 und 941 der Zivilprozessordnung).

Besteht ein einfacher Zugang zu den Geldern – einem Bankkonto, einer Zahlungskarte, wenn die Codes für den Zugang zu den Geldern bekannt sind – oder das Erbe zu Einkünften führt,  kann das Nachlassgericht sogar die Verwendung der Einkünfte anordnen. Wenn der Zugang zum Nachlassvermögen erschwert ist, kann der Nachlasspfleger Nachlassgegenstände (Mobilien) veräußern, allerdings nur im Rahmen der so genannten „ordentlichen Verwaltung”, d. h. in einer Weise, die die täglichen Bemühungen um die Erhaltung des Nachlasses als Ganzes ohne größere Vermögensverschiebungen nachahmt.

Wenn es notwendig ist, über einen größeren Teil der zum Nachlass gehörenden Gegenstände (Mobilien) zu verfügen oder Immobilien zu veräußern, benötigt der Nachlasspfleger die vorherige Genehmigung des Nachlassgerichts, das ihn bestellt hat – für alle Angelegenheiten, die über die ordentliche Nachlassverwaltung hinausgehen.

Alle sechs Monate sollte der Nachlasspfleger einen Bericht über die Verwaltung des Nachlasses vorlegen, in dem er seine Handlungen darlegt und durch beigefügte Unterlagen belegt. Das Gericht kann den Nachlassverwalter vom letzten Bericht befreien, doch hängt dies vom Stand der Nachlassverwaltung ab.

Abrechnungen

Die Nachlasspflegschaft ist mit Ausgaben verbunden. Der Nachlasspfleger wird sie aus dem Vermögen des Nachlasses oder aus seinem eigenen Vermögen bestreiten, wenn die Ausgaben notwendig werden.

Es ist zu bedenken, dass der Nachlasspfleger erst dann eine Vergütung aus dem Nachlass beziehen darf, wenn dies in einem Gerichtsbeschluss über die Kosten der Verwaltung festgelegt wurde.

Dem Nachlassgericht muss in dieser Angelegenheit ein Antrag gestellt werden, es sei denn, der finanzielle und persönliche Aufwand des Nachlasspflegers nicht groß ist und die Nachlassverwaltung entspricht den Grundsätzen des sozialen Zusammenlebens, d. h. wenn es aus Gründen des sozialen Rechtsempfindens (und nicht wegen finanzieller Defizite der Erben) ungerecht wäre, wenn das Gericht eine Vergütung zusprechen würde (z. B. wenn der Nachlasspfleger eine den Erben nahestehende Person ist, die berechtigt oder verpflichtet ist, den Erben Unterhalt zu zahlen, es bestehen schlechte Beziehungen zwischen dem Erben und dem Erblasser) (Artikel 179 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches).

Andererseits sollten die dem Nachlasspfleger bei der Verwaltung des Nachlasses entstandenen Kosten und Auslagen (Art. 163 § 1-3, Art. 162 § 3 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches, Art. 939 § 1 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches) von den Erben auf der Grundlage eines Antrags, der durch ein Kontenverzeichnis und Belege (z. B. Rechnungen) belegt ist, erstattet werden. Sind die Erben nicht in der Lage, die Auslagen, das Zubehör oder die Vergütung des Nachlasspflegers zu erstatten, so ordnet das Gericht die Erstattung der Auslagen oder die Vergütung aus der Staatskasse an (Art. 179 § 1, Art. 163 § 1 i.V.m. § 3 i.V.m. Art. 162 § 3 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches).

In bestimmten Zivilsachen wird das Gericht aufgrund der gesetzlichen Vertretung der Erben durch den Nachlasspfleger die Gebühren des Nachlasspflegers auf der Grundlage des Anwaltstarifs zusprechen.

Ende der Nachlasspflegschaft

Die Nachlasspflegschaft ist dauerhaft – solange sie nicht vom Gericht aufgehoben wird, bleibt sie bestehen (Artikel 180 § 1 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches). Ein  Beteiligter am Nachlassverfahren kann jederzeit die Aufhebung beantragen, oder das Gericht kann sie von Amts wegen aufheben.

Ein begründeter Antrag eines Beteiligten am Nachlassverfahren oder des Nachlasspflegers selbst kann zur Beendigung des Verfahrens führen, z. B. wenn:

  • der Zweck der Sicherheit weggefallen ist (z. B. wenn sich herausstellt, dass das Vermögen so dauerhaft und gesichert ist oder einen so geringen Wert hat, dass es nicht geschützt werden muss),
  • die Übernahme der Erbschaft durch die Erben (die durch ein vom Nachlasspfleger und von den Erben unterzeichnetes Übernahmeprotokoll) bescheinigt werden sollte, wie es vom Notar im Erbschein oder im Europäischen Nachlasszeugnis oder vom Gericht im Beschluss über den Erwerb der Erbschaft festgelegt wurde,
  • Einrichtung einer gerichtlichen Verwahrung (wenn der Erbe nicht bekannt ist, obwohl das Erbschaftsverfahren durchgeführt wurde, oder wenn die Erben die Übernahme der Erbschaft verweigern – dazu müsste sie in Geldwert umgewandelt werden, natürlich mit Zustimmung des Gerichts; andernfalls muss der Kurator einen Vorschuss auf die Vergütung des Nachlasspflegers zahlen, der sich auf mehrere tausend Zloty belaufen kann), oder
  • Verzicht des Nachlasspflegers auf die Nachlasspflegschaft (wozu natürlich die Zustimmung des Gerichts erforderlich ist, was jedoch in der Regel Routine ist).

Mit der Beendigung der Nachlasspflegschaft erhält der Nachlasspfleger – von den Erben oder vom Gericht – eine Vergütung, die Erstattung der Auslagen und der entstandenen Kosten.

Für die österreichische Lesern: die deutsche Rechtssprache in diesem Bereich unterscheidet sich von der österreichische Rechtssprache. Der Nachlasspfleger ist der Verlassenschaftskurator, Nachlass – Verlassenschaft, und die Pflegschaft – die Kuratel.

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