und Ergebnisse
Urteil der Zivilkammer des Obersten Gerichts
vom 9. Mai 2007
AZ: II CSK 60/07
Rechtswahl
Beweis nach fremden Recht
Kontradiktion
Der Grundsatz „iura novit curia“
1. Art. 381 des Zivilverfahrensgesetzbuchs bezieht sich auf neue Fakten sowie Beweise, während die unrichtige Gesetzesanwendung weder eine Tatsache noch ein Beweis ist. Die Erhebung eines auf Art. 27 § 1 des Gesetzes über das Internationale Privatrecht gestützten Einwandes von Seiten der Klägerin, dass das spanische vor dem polnischen Recht Anwendung findet, ist erst in der Berufung zulässig.
2. Das Gericht darf keinesfalls von der Klägerseite verlangen, dass diese die Rechtsgrundlage für ihr Begehren aufzeigt; an eine eventuell aufgezeigte Rechtsgrundlage ist das Gericht hingegen nur in dem Umfang gebunden, in dem die Berufung auf die in der bestimmten Norm enthaltene Hypothese eine Vervollständigung des Vorbringens der tatsächlichen Umstände darstellt (vgl. Urteil des Obersten Gerichts vom 23. Februar 1999 I CKN 252/98 – OSNC 1999, Nr. 9, Pos. 152).
3. Die Urteilsfindung auf der Grundlage des richtigen materiellen Rechts stellt für das Gericht gemäß dem Grundsatz „facta probantur iura novit curia“ eine Pflicht dar, und zwar unabhängig davon, ob die Parteien eine Rechtsgrundlage für ihre Behauptungen hervorgebracht haben.
4. Der Vorwurf der Verletzung des materiellen Rechts erfordert von der Berufung keine Anzeige, ob bzw. welchen Einfluss auf das Fallergebnis die Anwendung des falschen Rechts haben konnte zudem obliegt es der Berufungspartei nicht zu beweisen, welchen Inhalts das fremde Recht ist.
5. Die Entscheidung einer Rechtsstreitigkeit anhand der richtigen Norm im Rahmen der geltenden Rechtsordnung macht den Kern der richterlichen Tätigkeit aus und steht nicht zur Disposition der Parteien.
6. Die Kontradiktion im Zivilprozess, die ihren Ausdruck in den Vorschriften der Art. 207 § 3, 479[4] § 1, 495 § 3, 503 § 1, 505 § 1 des Zivilverfahrensgesetzes im Teil über die Erhebung von Einreden findet, beinhaltet für die Partei keine Verpflichtung zur Stellungnahme bezüglich des materiellen anwendbaren Rechts.
7. Der Partei obliegt es ebenso wenig zu beweisen, welchen Inhalts das fremde Recht ist.
8. In Fällen mit Auslandsbezug betrifft die Frage der Kenntnis des Rechts durch das Gericht und seiner Anwendung ex officio in erster Linie Umstände, von denen die Wahl des anzuwendenden Sachrechts abhängt, und die – falls sie nicht durch einen internationalen Vertrag geregelt werden – sich aus Kollisionsnomen des internationalen Privatrechts ergeben. Das Gericht muss sein eigenes Recht kennen und das internationale Privatrecht anwenden ohne Rücksicht darauf, ob sich die Parteien auf dieses berufen haben.